Ein Meer an Ideen für Ihre Reise
Das geheimnisvolle Rom, ein Weg mit acht Etappen
von Gian Mario Bachetti
Ein Satz weckt die Erinnerungen an die Ausflüge, die ich gemeinsam mit meinen Eltern unternahm, um den klassischen Sonntagen zu Besuch bei meiner Tante zu entfliehen und Rom zu besichtigen: “In Rom läufst Du viel und merkst es nicht”. Dieser Satz wurde zur Tradition, wenn wir am Ende des kurzen Urlaubs wieder am Parkplatz ankamen.
Die beste Art, Rom zu besichtigen ist in der Tat zu Fuß; hunderte von Metern laufen, um eine Kirche, eine Bar oder einen kleinen Platz zu entdecken, den wir bisher nicht bemerkt hatten, oder sich in den Straßen dieser wunderbaren Stadt zu verlieren, welcher es immer wieder gelingt, sich mit einem geheimnisvollen Geschenk für Deinen Eifer zu bedanken. In den Jahren, in denen ich mich zu Fuß bewegte, um dem Chaos der öffentlichen Verkehrsmittel zu entgehen, oder einfach nur um einen Sonnentag zu genießen (die in Rom zum Glück nicht selten sind), habe ich mich oft gefragt, was die beste Route wäre, um sich in der ewigen Stadt zu verlieren. Ich bin nicht der Einzige, der sich diese Frage stellt, denn als wir eines Abends bei Freunden darüber sprachen, hat man mir die Routen der Internetseite Roma Segreta empfohlen: 8 Spaziergänge „mit Etappen“, um auf alternative Weise die Stadt kennenzulernen.
So habe ich mich vor ein paar Monaten eines Samstags, als die Sonne weniger scheu als in den Wintertagen war, mit meiner Freundin auf den Weg gemacht, um einige römische Ecken „wiederzuentdecken“; wir haben die Empfehlungen von Roma Segreta (geheimnisvolles Rom) zu Herzen genommen und zwei Routen zusammengelegt (Monti – F und Testaccio – G), um einen ganzen Tag in den lebendigsten und faszinierendsten Bezirken Roms zu verbringen.
Mittags sind wir vom Lungo Tevere Richtung Testaccio gegangen, ein Stadtteil, in welchem man noch den 100%ig römischen Alltag erleben kann. Wir sind die via Rubattino hochgegangen, entlang der Reste des Porticus Aemilia– eines der Gebäude des großen Binnenhafens, welcher im 2. Jahrhundert v. Chr. gebaut wurde; von hier aus sind wir auf die Piazza Santa Maria Liberatrice gekommen. Zwischen den älteren Leuten, die sich auf den Bänken unterhielten, und den Jungs, die hinter einem Ball herrannten, haben wir im Angel’s House Ice Cream ein Eis gegessen und die Sonne genossen. Nach dieser ersten Etappe sind wir nach Monte dei Cocci gegangen, ein künstlicher Hügel, den die antiken Römer angelegt hatten, um die Amphoren voller Öl zu entsorgen, welche aus den Handelsschiffen stammten und nur wenige Meter entfernt anlegten.
Das beste Gericht, was man an einem Sonnentag genießen kann, ist das Trapizzino: eine Pizza, gefüllt mit den Masterpieces eines typisch römischen Menus – Frikadelle mit Sauce, Hähnchen Jaeger Art, Zunge mit grüner Sauce. Die perfekte Vereinigung zwischen Street Food und Tradition. Wenn wir mehr Zeit gehabt hätten (vor Allem um einen Tisch zu bestellen), wären wir zum Essen zu Felice gegangen. Wenn es eine weißgekleidete Eminenz gibt, welche die Römer genauso wie den Papst wertschätzen, ist es bestimmt sein Gericht „Cacio e pepe“: vierkantige Spaghetti, „Tonnarelli“, welche direkt im Teller mit den Hauptzutaten zubereitet werden. In den zehn Jahren, in denen ich in Rom lebe, habe ich selten so viele einstimmige Urteile gehört, die allesamt das Gericht „Cacio e Pepe“ als das beste der ganzen Stadt preisen.
Was kann man tun, um das Mittagessen zu verdauen? Natürlich weitergehen. Und zwar bis zum Garten Giardino degli Aranci, ein kleiner Orangengarten, der auf die Stadt schaut und ein atemberaubendes Panorama auf die Skyline von Kuppeln und antiken Gebäuden bietet. Wenn man den Mut hat, die Schlange abzuwarten, kann man wenige Meter weiter das „magische“ Türschloss des Malteserordens besichtigen, welches perfekt die Kilometer entfernte Kuppel des Petersdoms einrahmt.
Weiter geht es in den Bezirk Monti. Hier sind wir sofort die steile Straße Salita dei Borgia hochgegangen, welche zur Piazza San Pietro in Vincoli führt. Dort befindet sich in der gleichnamigen Kirche der Moses von Michelangelo, welcher symbolisch die Ketten bewacht – die Bindungen – mit welchen der Schutzheilige der Stadt in Jerusalem angekettet wurde. Als die Sonne langsam unterging, haben wir bei Pifebo unseren Hunger auf Vintage-Shopping gestillt, eine Institution der Second-Hand-Läden in Rom: wir haben uns verloren zwischen Sweatshirts der 70iger Jahre von Adidas, Ledermänteln, die aus einer Punk-Disko herauszukommen schienen und Brillen mit bizarren Formen. In diesem Geschäft den eigenen Look zu erneuern bedeutet, der Mode mindestens zwei Jahre voraus zu sein.
Mit einer Plastiktüte, in welcher sich ein Polohemd von Lacoste befand (ich werde nicht verraten, wo ich dieses erworben haben), sind wir auf dem kleinen Platz (Piazza della Madonna dei Monti) angekommen, dem pulsierenden Herzen des Stadtteils, in welchem sich am Brunnen des 16. Jahrhunderts von Giacomo della Porta viele Jugendliche treffen. Ein Bier und ein Spritz in Plastikbechern, bestellt ein einer der Bars, die sich auf diesem Platz befinden, sowie eine Tüte Chips: der Aperitif ist serviert. Um nicht zu viel von der römischen Küche zu profitieren, haben wir im Temakino zu Abend gegessen, ein Restaurant mit der ikonischen Ananas-Tapete, welche die japanische und die brasilianische Küche vereint. Natürlich fehlt es nicht an für Rom typischen Alternativen: von Carbonara bis hin zur Taverna Romana. Nach dem Abendessen sind wir noch kurz zum Back Market gegangen, um bei einem Akustik-Konzert einen guten Cocktail zu genießen und um uns zu sagen, dass uns langsam die Beine weh tun: vielleicht ist es doch ander Zeit, wieder nach Hause zu gehen.
Wir sind viel gelaufen … aber wir haben es nicht gemerkt.